27 Februar 2013

Schnee in Spanien, Pracht in Portugal

Nach einer Woche sind nun endlich wieder die ersten Palmen und Agaven zu sehen. Nach drei ruhigen Nächten in Lyon geht die Fahrt jetzt an den Atlantik. Noch 214 Kilometer dann sind wir am Capbreton, kurz vor der spanischen Grenze. Das Beste aber ist: Seit Lyon schon scheint die Sonne!


Der Weg von Lyon führt über das Zentral-Massiv in Höhen bis zu 1250 Metern. "Glace Frequent" warnen die Schilder. Doch die Straße ist trocken und liegt im Sonnenschein.


Während einer sonnigen Mittagspause auf einem einsamen LKW-Parkplatz sehen wir in die schneebedeckte Weite des Massiv Central.

Obgleich wir nur Mautfreie Straßen nutzen, kommen wir flott voran. Die mächtige Statue von Le Puy en-Velay lassen wir links liegen. Doch wer kann, sollte dort rasten. Das Monument christlicher Erbauung ist weiter noch sichtbar als die raumgreifenden Werbungen für McDonald oder Coca Cola. Die Route National 88 führt über Mende durch zauberhafte Landschaften. Wir sind so gut in Schwung, dass wir unseren Reiseweg noch über das vorgesehene Ziel Rodez verlängern. Denn der ADAC-Stellplatzführer weist unter der Kathedrale von Albi Plätze für Wohnmobile aus. Mit Glück erreichen wir diese Stellplätze zum Sonnenuntergang.



Die Kathedrale von Albi ist mit 130 Meter Länge, 50 Meter Breite und einem 78 Meter hohen Turm ist die Größte ihrer Art.




Die Kathedrale von Albi dokumentiert die Macht des Königs, nachdem dessen Soldaten die vorige Glaubenskultur der Katharer zerstört hatten.

Die Mönche der Katharer lebten in Armut und Askese. Ihnen waren Fleisch, Käse, Eier, Milch und Wein verboten. Da diese Bettelmönche gegen die römische Amtskirche agitierten, die sie als "Hurer und Fresser" erkannt hatte, war die Reaktion der Feudalaristokratie vorhersehbar. Ein begnadeter Fürst des Gemetzels war Simon de Montfort, der in Béziers 1209 schätzungsweise 18.000 Menschen töten ließ. Soviel zum Umgang der Rechtgläubigen Christen mit den ungläubigen Christen.




Wer das Gemetzel an den Katharer überlebte, konnte sich in Diensten der Krone und des Papstes als Steinmetz beim Bau der Kathedrale St. Cécile verdingen und hervortun. Das Gebäude entstand zwischen 1282 und 1512.





Die Abendsonne übergießt die Steinerne Kunst der Kathedrale mit rot-goldenem Licht.




Einen Massenmord zu Ehre Gottes lässt sich bestens mit dem Bau einer Kathedrale in königlicher Regie sühnen.




Die klerikale Kultur wirbt für ihre Fantasieen mit in Stein gemeißelten Engel und Heiligen.

Die Markthalle von Albi schützt Waren, Kunden und Marktkaufleute vor Wind und Wetter.




Es geht ruhig und friedlich zu in der Markthalle von Albi.




Die Brücke über den Fluß Tarn in Albi.


Von Montauban gibt es nichts weiter zu berichten, als dass uns der Parkplatz am Fluß unter den noch kahlen Platanen eine ruhige Mittagspause geboten hat. Irgendwann muss ein Hochwasser den Baumstamm auf dem Brückenpfosten abgelegt haben.





In Gimont finden wir einen ruhigen Nachtplatz, an dem ein romantisches Bächlein entlang fließt.



An diesem überdachten Markt- oder Parkplatz wie an der Kirche in Gimont liest man die in Stein gehauene Zahl: 1331.




Zahllose Generationen sind in das Kirchlein von Gimont seit der Erbauung 1331 ein- und ausgegangen.


Der Wirt in Gimont hat sein Fenster mit diesem Kunstwerk veredeln lassen. In der Banderole der Flagge steht





"Das Ende der Welt ist nicht mehr fern". Daher lässt der fromme Mann die Korken knallen und




Capbreton: Der Kirchturm dient vermutlich auch als Leuchtturm.






Der Hafen von Capbreton: Segelmasten soweit das Auge reicht.





Strandspaziergang in Capbreton






Der Weltkriegs-Koloss liegt wie ein surreales Ungeheuer in der Gischt beim Licht der untergehenden Sonne.

Von Capbreton sind es keine 100 Kilometer mehr weit bis nach Spanien. In acht Reisetagen haben wir 1610 Kilometer zurückgelegt. Die "Walkuh" hat 13 Liter/100 Kilometer gebraucht, was mit einer 11-Kg-Gasflaschen-Füllung und drei Nächten auf dem Campingplatz in Lyon insgesamt 381 Euro gekostet hat. Die Kosten für Lebensmittel sind nicht eingerechnet, weil die ja auch daheim anfallen.

Capbreton kühlt nachts auf Minus drei Grad ab. Der Wind vom Atlantik peitsch kalt über die Dünen. Die Weiterfahrt nach Spanien geht über gefühlte 1001 Kreisverkehr-Abzweigungen. Die 86 Kilometer bis San Sebastian ermüden. Wir verkürzen die Strecke mit einer Autobahnfahrt, die uns gleich fünf Euro aus dem Beutel zieht. In San Sebastian fahren wir über eine einspurige Bergstraße zum Camping Igueldo. Als der neben 22,70 Euro noch zugibt, dass sein WiFi nicht funktioniert, fahren wir weiter. Castro Urdiales soll schön ist. Der Fischerort mit der uralten Kirche Santa Maria ist auch schön. Allerdings stört der Hagelschauer. Immerhin gibt es WiFi im Küsten-Kaffee Dallas, WiFi plus Steckdose.



Die Restauration für nur 489.471,32 Euro erscheint mir ausgesprochen preisgünstig.


Castro Urdiales lockt mit milden Wintern. Doch die Dame in der Touristen Information gibt zu bedenken, dass ausgerechnet dieses Wochenende der stärkste und kälteste Wintereinbruch zu verzeichnen sei.


Castro Urdiales begrüßt unseren Besuch mit dem kältesten Wintertag des Jahres, mit Hagel und Schneeschauern.

Was für eine Nacht in Castro Urdiales! Ein blendender Blitz dringt durch meine geschlossenen Augenlider - morgens um 6.15 Uhr. Der Donnerschlag folgt darauf, lässt die Wände meines rollenden Plastikcontainers zittern. Hagel und Regen wechseln sich ab. Wir brechen zeitig von der Hafenstraße in Castro Urdiales auf. Wir wollen doch noch etwas sehen von der bezaubernden spanischen Nordküste. Der Prospekt der Touri-Info über Cantabria (www.turismodecantabria.com) macht Lust auf mehr. Doch das Wetter, dieser Hagel, Regen und Sturm lässt uns nicht lange bleiben. Selbst Santander lassen wir aus, obgleich das Degenhardt-Lied "Komm Geliebte, komm, kommt mit nach Santander...." in mir klingt. So klang zuvor das Brecht-Lied in der Gegend von Bilbao: "Bills Ballhaus in Bilbao,....". Im Schnee kalten Germanien beflügelt das sonnige Spanien die Gedanken der Dichter. Von wegen sonniges Spanien! Wir freuen uns, wenn die Temperatur über Null Grad Celsius steigt.





Santimilla de Mar: Eine touristische Bilderbuchstadt aus alten, alten Feldsteinen gebaut. Der Reiseführer schwärmt vom "spanischen Rotenburg". Doch an diesem schüttenden Regensonntag waren zwei Deutsche die einzigen Besucher dort.



Der Zahn der Zeit hat die Löwen vor der Kirche, der Sonntags verschlossenen Kirche von Santimilla de Mar, zugesetzt.









Wenn dies die Viehtränke in Sentimilla de Mar sein soll, so schwappt sie über vom Regenwasser. Das Wasser fällt in Kaskaden von den Dächern. Wir müssen schnell über die Berge, um dem Unwetter zu entwischen.


So gestaltet sich die Fahrt auf der Schnellstraße von Cantabria mitten durch das spanische Hochland. Manche Fahrer mit Sommerreifen und ohne Fahrtechnik im Schnee drehen ihre Antriebsräder wild durch. Es geht bis auf über 1000 Meter Höhe. Selten lässt sich der vierte Gang nutzen. Etwa ein, zwei Stunden kriechen wir mit Tempo 30 km/h durch das Schneetreiben.




Endlich ist die Höhe geschafft. Erwartungsgemäß ist der Schnee und Regen, der vom Atlantik sich an den Nordhängen von Cantabrien niederschlug, vorbei. Wir begrüßen die ersehnte Sonne wieder. Wir genießen eine freie, vierspurige Schnellstraße. Wir arbeiten uns 352 Kilometer in Richtung Süden-Südwesten vor.


Die Schnellstraße führt uns an Palencia, Valladolid bis kurz hinter Zamora. Dort finden wir am Stausee in Ricobayo ein lauschiges, stilles Plätzchen zur Nacht. Der Vollmond scheint in meine rollende Diogenes-Tonne hinein. Der Rotwein mundet zu Käse, Oliven und weißem Brot. Mehr als 2000 Kilometer liegen hinter uns. Wir erhoffen uns eine wärmere, sonnigere Winterwelt. Immerhin sind es am Abend schon vier Grad Celsius, obgleich wir immer noch über 700 Meter hoch stehen. Glücklich. Nachts fällt das Thermometer auf minus vier Grad.







In Braganza machen wir stundenlang Pause. Der Frühling lässt die Bäume erblühen. Es sind fünf Nächte her, seitdem in Lyon die letzte Dusche mich erfrischt hat. Jetzt ist es warm genug, wenigstens außerhalb des Autos mit der Außendusche die Haare zu waschen

Die portugiesische Burg in Braganza überwachte in den vergangen Jahrhunderten die Grenze zu Spanien. Meine Reisekamerad Adolf ist ein geduldiger und einfühlsamer Gefährte.




Der Burgherr von Braganza muss schwer an seinem Panzer getragen haben. Doch er stützt sich auf sein Schwert.




Das Haus hinter dem Kriegerdenkmal in Braganza bedarf der Renovierung - wie etliche Häuser in der Altstadt. Aber auch die Kleidung vieler Menschen zeigt deutliche Zeichen der Zeit.


Von Braganza führt uns eine Berg- und Talstrecke nach Vinhais in Richtung Chaves. Die Straße ist so kurvig, dass es kaum lohnt, den fünften, geschweige denn den sechsten Gang einzuschalten. Im dritten oder maximal im vierten Gang geht es länger als 50 Kilometer mit 40 km/h. Hinter Rebordelo finden wir an einem kleines Wallfahrtsort St. Rita eine sonnige Abendlichtung. Wenn sich die Wolken, was wir hoffen,verziehen, sollte uns morgens nach der Vollmondnacht die Sonne wieder wärmen. Die Wärme taut uns aus einer Nacht auf, die wieder vier Grad minus kalt war. Allerdings war der Ort auch 900 Meter hoch.





Anderntags wärmt die Maschine die Bergfahrt nach Bulideira auf, dass schon nach wenigen Kilometer die Heizung ein angenehmes Raumklima schafft. In Bulideira erstaunt mich der sogenannte "Wackelstein", der allerdings Tonnen schwer in der Erde unverrückbar seit Äonen dort steht.







Diese Naturwunder begeistern mich immer wieder!





Jetzt gehen wir in Chaves über eine alte Brücke, deren Meilensteine in der Mitte vom römischen Glanz des vergangenen Weltreichs erzählen. Es ist der Geburtstag meiner lieben Frau daheim, die in München von einem dichten Schneetreiben dort berichtet.






In Chaves wacht das Standbild des geharnischten Ritters Don Alfonso, der von 1377 bis 1461 residierte.






Museen sind wie die meisten Kirchen, ja sogar viele Geschäfte in dieser Jahreszeit noch geschlossen. In dieser Burganlage soll sonst ein Militärmuseum seine Schätze zeigen.







Diese Geburtstagsblumen für meine liebe Stephanie in München würden sogar den Weg überstehen. Denn sie sind kunstvoll aus haltbarem Material gearbeitet.






Nach einer ausgiebigen Mittagspause verabschieden wir uns von Chaves, der Römerbrücke und der Burg. Weiter geht es auf einer aufregenden, landschaftlichen reizvollen Straße N 103 an Stauseen entlang in Richtung Barga.





Obgleich sich das Wasser im Tal über 20 bis 30 Kilometer staut, sind die Berge so kahl, dass sie an den Hohen Atlas in Marokko erinnern.


Die wilde Bergstrecke klingt an der Talsperre aus. Wir schrauben uns dazu von der sechs-, siebenhundert Meter Höhe auf unter 200 Meter hinab. Erstmalig übersteigt das Thermometer die 10 Grad-Grenze. Apfelsinen hängen an den Bäumen. Blüten in den Vorgärten recken ihre dicken, bunten Kelche in die Sonne. Die Sonne scheint ganztägig.


Nun sind wir am heutigen Mittwoch genau zwei Wochen unterwegs. Die letzte Dusche war vor einer Woche auf dem Campingplatz in Lyon. Eine Aussendusche in der Mittagssonne vor der Burg in Chaves hat zumindest meinen Kopf vom Jucken befreit. Mein Geiz mit Gas war so groß, dass immer noch die erste Flasche aus Freiburg heizt. Dafür waren die langweiligen, schlaflosen Vollmondnächte im Auto oft unter 10 Grad kalt. Der Weltempfänger weigerte sich beharrlich, mir deutsche Nachrichten über Kurzwelle zu schicken. Dafür kamen Nachrichten aus Indien, China und Vietnam, diese sogar in deutscher Sprache. Nur war das weniger interessant.


Die Wunder des heutigen Tages kommen dann im nächsten Bericht. Soviel aber sei verraten: Porto am Meer liefert einen passablen Campingplatz für acht Euro, Strom, Duschen und Internet eingeschlossen. So kann man mich wieder über Skype

n0by2call

erreichen. Besonders die Stimme meiner Frau freut mich. Dann gibt es auch wieder morgens die Bayern 2 Sendung mit den Neuigkeiten des Tages. Das hilft gegen Heimweh.

Bislang sind für 453 Euro Diesel in den 2500 Kilometer der Reise verbrannt.





19 Februar 2013

Winterreise 2013 - Lyon

Wieder zieht es mich fort, fort in die Ferne. Der gemütliche Schreibtisch, das Fernsehen, meine  geliebte Frau, die Ruhe, die Sauna, die schöne Stadt München all das zählt immer weniger. Es zieht mich hinaus, hinaus in die Ferne!


Eine Woche vor der Abfahrt: Die drei Computer sind mit drei Generation von Windows, also mit XP, Vista und Windows 7 bespielt. Meine Frau braucht daheim die Skype-Verbindung auf dem Laptop zu dem Notebook dahinter, was hier auf  der Reise meine Kommunikation- und Datenbasis liefert. Wem gottloses Geraune gefällt, ist herzlich eingeladen, mit uns zu reisen.



Über diese meine Lieblingsbrücke gehen wir oft spazieren. Sonnenschein im Winter macht den Spaziergang in klirrender Kälte zu einem Vergnügen.

Dennoch hält es mich nicht daheim. Die Nachrichten sind auf die Dauer nicht zu ertragen. Doch was wäre das Leben eintönig, wenn nicht die Nachrichten von den Kriegs- und Krisenberichten uns täglich unterhalten, schrecken, schocken und aufhetzen? Krieg in Mali, Papst tritt zurück, Atombomben-Versuch in Nordkorea, Spannungen im Chinesisch-Japanischen Grenzgebieten, und immer wieder blutige Unruhen in Israel, im Iran, in Syrien, Ägypten, Tunesien und Palästina.


Es geht mir "Sakrisch Guat" in München, daheim in der Nähe der Isar, des Englischen Gartens mit seinem verzweigten Bachsystem, meine gemütlichen Wohnung und vor allem....

... meiner herzgeliebten kleinen Frau, meiner Stephanie oder Mimamai.

Dennoch: Es zieht mich wieder hinaus in die Kälte, die Fremde, das Ungewisse: Valentinstag, der 14. Februar 2013. Vor 65 Jahren haben die Ärzte mich per Kaiserschnitt morgens um 9.30 Uhr als Acht-Monat-Kind  entbunden. 65 Jahre später, auf den Tag genau, zieht mich die Reiselust fort aus der Brut- und Nestwärme meiner Liebsten, der allerliebsten Mimamai. Ein schöner, sonniger Reisetag bringt mich bis zum Abend nach Bad Dürrheim. Das Luxus-Bad Solemar kredenzt mir als Geburtstagsgeschenk noch freien Eintritt zu Bad und Sauna.


Geburtstagsfeier auf der Straße: Die Landstraßen führen um Ulm, durch Ulm und Ulm herum in Richtung Westen.

Die Weiterfahrt im Morgengrauen geht durch den verschneiten Schwarzwald. Die Temperatur am Titisee sinkt auf Minus fünf Grad, in Freiburg liegt sie am Gefrierpunkt. Der taumelnde Schnee seift die Straßen in matschige Pampe. Doch die Nacht im Kurort Bad Dürrheim war erholsam. Die Nerven sind gestärkt. Mit einer neuen 11-kg-Gasflasche und einem vollen Tank geht die Reise nun nach Frankreich. Ziel zur Nacht ist Besancon, ein Weltkulturerbe.


Mein neuer Reisekamerad trifft mich verabredungsgemäß auf dem Parkplatz vor der Citadelle Besancon. Adolf fährt den grünen Sprinter, 5,60 lang, ein selbst ausgebauten Kastenwagen mit Sperrdifferential, Schwingsitzen und der 156 PS starken sechs Zylinder Diesel-LKW-Maschine. Sein 10jähriger Diesel-Daimler hat mittlerweile 200.000 Kilometer auf der Uhr.


Militaristischer Protz von Ludwig, dem XIV: Die Citadelle über Besancon. Die Festung dieser Garnison wirkt im winterlichen Schnee etwa so einladend, wie man sich das heutige US-Folterlager in Guantamo vorstellen mag.


Der Samstag verwöhnt uns zum zweiten Frühstück sogar mit Sonne. Der Marktplatz von Arbois bezaubert uns mit einer romantischen Kleinstadt-Szene. Wir genießen unser erstes Baguette, reich mit Mehl bestäubt.


Wir treffen den ersten Marokko-Heimkehrer, braun und bärtig, im alten 911er. Er will natürlich als Erstes wissen, wie kalt es denn noch wäre daheim.



Die Kirchenfenster der uralten Kirche funkeln in der Sonne, ein Brunnen, ein glasklarer Fluß, Flair de la France, viele kleine Weinläden bezaubern uns in Arbois.



Die Atmosphäre der alten Kirche in Arbois im gemauerten Gewölbe beeindruckt selbst eingeschworene Klerikal-Kritiker.

Das sonnig wärmende Vergnügen weicht wieder einer anstrengenden Nebelfahrt über die kurvige Route Nationale 1083 Richtung Lyon. Zahlreiche Warnungen vor Glatteis schärfen die Sinne bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Ein Stein schlägt in die Frontscheibe in meinem Sichtfeld eine häßliche Wunde, die vier Zentimeter lange Strahlen ins Glas schneidet. Die Rücklichter auf der rechten Seite haben ihre Mitarbeit eingestellt. Es liegt aber nicht an den Glühlampen. Die Seitentür im Sprinter lässt sich von innen nicht mehr öffnen. Beim Versuch, den Schaden zu beheben, klemmt die Verriegelung so, dass sich die Tür nun nicht mehr schließen lässt. Adolf muss die Schiebetür mit einem Spanngurt an der B-Säule der Beifahrertür soweit anziehen, wie dies bei der verklemmter Verriegelung möglich ist. Die Schiebetür bleibt einen Spalt weit offen. Eine Decke über der Tür dichtet notdürftige gegen die Kälte und den Fahrtwind.



Unser zweiter Nachtplatz am Vogelpark bei Villars-les-Domes. Adolf vertieft im Gespräch mit einem Spanienfahrer im alten Mercedes-Hymer. Der Mann hat auch Pech mit seinem Fahrzeug. Das Öl der Servopumpe ist ausgelaufen und damit die Servolenkung. Folglich ist der 5-Tonner nur sehr schwer zu lenken.

Adolf kann seinen Sprinter mit einer starken Dieselstandheizung in etwa einer Viertelstunde aufheizen. Bei meinem Fahrzeug heizt der Gasbrenner, durch das Thermostat geregelt, auf etwa 12 Grad in der Nacht. Am Schreibtisch braucht mein Körper viel mehr Wärme als im Bett unter den beiden dicken Decken. Bis Spanien sollte die 11-Kilo-Flasche Gas aus Freiburg reichen. Dann beginnt das Problem mit dem spanisch-portugiesischen Gassystem, welches nicht mit meinen mitgeführten Adaptern zu beheben ist. Ohne Gas keine Heizung, kein Kühlschrank-Betrieb im Stand, kein warmes Essen und kein heißer Kaffee ohne den zweiflammigen Gaskocher. Doch bis Biaritz sind es noch etwa 800 Kilometer, selbst wenn hier am Vogelpark schon Störche in ihren Nestern den Winter überstehen.

Die ersten Störche halten am Vogelpark vor Lyon noch die Stellung im Winter - uns zieht es in sonnigere Gefilde.

Unsere Stimmung leidet unter den Schäden an unseren Autos. Wir entscheiden uns, unsere Fahrt nach nur 30 Kilometern in Lyon zu unterbrechen. Die Fahrt zum Campingplatz nach 69570 Dardilly, Porte de Lyon, erweist sich als Irrfahrt. Eine falsche Navi-Eingabe führt uns mitten durch Lyon. Nur gut, dass Sonntag ist! Der Riss in der Scheibe hat sich in der Nacht auf 20 Zentimeter ausgewachsen.


Vom rechten Verkehrschild führt über die grüne Ampel ein etwa 20 Zentimeter langer Riß quer über die Scheibe. Freunde aus der Allrad-LKW-Gemeinschaft geben einen kompetenten und humoristischen Rat:

Hallo,

ja es handelt sich um VSG (verbundscheibenglas) und das splittert nicht mehr. D.h. damit kannst du noch beliebig fahren bis es dir oder der Rennleitung stört.

Immer nur kurz vorm TüV wechseln!

Grüsse

Stefan
Mit solch erheiterndem guten Ratschlag entspannt mein überdrehtes Körper-Geist-Gefühl-System. Die Feier über die gute Nachricht mit einer halben Weinflasche hinterlässt Kopfweh. Das Alter macht uns zu schaffen. Mein Reisebegleiter Adolf spürt ebenfalls seine 73 Jahre. Man wähnt sich zwar jünger, doch der Körper vergisst nicht, was er schon alles hinter sich hat.

Die Reperatur der Schiebetür des Sprinters

Die freundliche Dame vom ADAC-Service schickt per SMS am Montag morgen die Adresse einer kleinen Werkstatt, nur vier Kilometer entfernt vom Campingplatz Indigo Lyon International. Die Werkstatt findet den Schaden nach einer Zeit, kassiert 78,32 Euro und verspricht, das passende Ersatzteil zu bestellen. Wir dürfen Dienstag nachmittags, also am andern Tag, wieder kommen zum Einbau des Teils.



Auf dem Hof der Werkstatt versammeln sich die Schätze französischer Autobau-Kunst. Neben einigen Citroen DS, der legendären, luftgefederten Diane, wartet dieses alte Schätzchen auf einen finanzkräftigen und kundigen Restaurator.

Als wir zum verabredeten Termin in der Werkstatt eintreffen, ist das versprochene Ersatzteil noch nicht eingetroffen. Man vertröstet uns auf eine weitere Stunde. Als wir dann wiederum eintrudeln, teilt uns der Mechaniker mit: "Die haben das falsche Teil geliefert. Es gibt so viele verschiedene Modelle, sie müssen verstehen...." Wir verstehen leider nicht, wollen das Geld zurück und das Teil selber besorgen und einbauen. Die Sekretärin druckt eine neue Rechnung aus über 53,82 Euro, gibt uns 50 Euro zurück, verlangt dann 3,82 Euro als Ausgleich. Wir zahlen und gehen. Immerhin hat die Werkstatt den Fehler gefunden. So rätselhaft, wie uns diese Abrechnung war, so rätselhaft war die missglückte Ersatzteilbeschaffung.


Klerikale Pracht und Herrlichkeit bei abendlicher Stimmung: Basilique Notre-Dame de Fourvière





Am Fuße des Hügels liegt in nächster Nachbarschaft dies klerikale Kunstwerk: Cathédrale St-Jean


Die Basilique Notre-Dame de Fourvière mit allem Pomp und aller Pracht erinnert mich irgendwie an die Gebäude auf dem Münchener Oktoberfest, nur das Material ist dauerhafter - eben Marmor, Stein und Eisen zu Ehren der klerikalen Komiker.


Jesus!


Anbetracht der geistlichen Gigantomanie ist es an der Zeit, selber klerikale Kampfschriften zu verfassen. Meine erste Eingebung hat die Existenz mir als "Sure vom Schweinesystem" diktiert.

Dass sich eine Masse der Menschen der Omerta der Ehrenwerten Gesellschaft zu ihrem eigenen Nutzen und Schutze gern und freiwillig und begeistert unterwirft,versteht sich von selbst. Ob unter A.H., unter Berlusconi, ob unter Bhagwan, Jesus oder Wem-Sonst, ein jeder zieht seinen Profit aus den täglichen, kleinen und großen Schweinereien im Schweine-System. Wer so zum Mittäter, Mit-Verschwörer wird, grinst den kriminellen Kumpanen wissend an, verachtet und verfolgt den "Verräter" an den Schweinereien der Omerta. Symptome des Schweinesystems.

Die Omerta im Schweinesystem bricht nur und einzig eine Avantgarde, welche mehr Mut hat, auf die Vorteile der Schweinereien zu verzichten. Eine Avantgarde, welche sich dem Gewinn-, Genuss- und Gewalt-Streben der Schönredner, der Profiteure der Priesterschaft NICHT anschliessen, sondern offen gegen diese Volks-Verblöder und Volks-Aussauger angehen, anschreiben, anschreien - juristisch, in Poesie, Prosa, in Bild-, Ton-, Film- und Medialer Kunst - oft sogar unter Gefahr für Leib und Leben. Verbannt, in Gulags verschleppt, verfolgt, gefoltert, getötet. Dass sich gerade gern die Eliten im Schweinesystem verdingen, Tonkünstler, Schauspieler, Ärzte und furchtbare Juristen, Kaufleute und Politiker wie Priester ohnehin, lässt den Mob als willige Vollstrecker mitmarschieren. Bis alles in Scherben liegt. Mein Verständnis von herausragenden Weltenlehrern wie von Bhagwan, Jesus oder Gurdjieff ist NICHT das eines Sinnstifters für NEO-RELIGIOTISCHE Geschäftemacher, obgleich jeder dieser Eso-Mobber sich gerade auf die beruft, in dessen Auftrag und Sinn er meint bekehren zu müssen. Mich nicht mehr! Ein Meister wie Bhagwan hat diese Eso-Priester jeglicher Richtung zeitlebens unterstützt, gefördert und gepriesen, solange diese werbewirksam ihm neue Kunden keilten.
Für mich haben BHAGWAN aber dann eher die begriffen, welche sich aus dem Ringelpietz-Kreis-mit-Anfassen früher oder später und meist unter grossen Leiden und Anstrengungen lösen konnten.

Die andern bleiben und blieben weiter "Schüler". Nützlich, gleich Kieseln im Gleisbett oder als Kieselstein-Filter in Kläranlagen, nützliche Idioten, die JA-UND-AMEN-SAGER.

Kinder, die vor der Bühne des Kasperle-Theaters bezaubert starren, staunen und emotional ergriffen erregt mitgehen, können und wollen den Puppenspieler ihrer Gefühle, Gedanken und ihrer Gebete doch nicht sehen, geschweige verstehen. Meister wie Bhagwan waren Puppenspieler auf dieser Bühne. Vor dieser Bühne schwafeln die Kinder und harren auf den Gong, dass der Vorhang aufgeht. Dann zaubert das Video, der Priester in seiner Bütt, auf der Leinwand "sweet, sweet memories" in die Kinderaugen, die glasigen Blickes Tränen der Sehnsucht und Ehrfucht ins Tüchlein tropfen lassen.

Wer da stört, ist der ALL-BÖSE-FEIND. "SATANAS WEICHE!", brüllt der Oberpriester und schmeisst den "STÖREN-FRIED" raus.



Überwältigt angesichts des Klerikal-Klamauks in Marmor und Stein sind meine geistlichen Gedanken einfach nicht mehr zu unterbinden.  



Doch von einem Standbild als Säulenheiliger für meine Arbeit an unserer kurz-geschorenen Vernunft ist bitte abzusehen. Danke.


Nach meinem - hoffentlich - kurzweiligen Klerikal-Klamauk als beseligter Komiker widmen wir uns wieder irdischen Genüssen zu: Hier verkauft ein Händler in der Altstadt von Lyon "Kamelle", wie die Rheinländer witzeln.



Dieser Zuckerbäcker lässt die gepflegte Kundschaft die Köstlichkeiten nach Wahl mit bereitliegenden Handschuhen einsammeln. Als ärmliche Rentner hätte deren Genuss vermutlich unsere Reisekasse gesprengt - leider.



Da die Geschäfte schon geschlossen waren, ließ sich nicht herausfinden, ob dieser Schuhladen sich zu Ehren des Meisters Bhagwan, des späteren Oshos, getauft hatte.




Dass diese barbusige Dame die wilden Rösser mit zarter Hand zähmt, ist offensichtlich. Sie reitet auf dem Brunnen vor dem Rathausplatz in Lyon.


Der Rückkehr zur Metro und zum Bus zeigt die Basilika Notre-Dame im güldenen Glanz.


Nachdem mir die Kultstätte erhebende Eingebungen vermittelt hatte, danken wir anderntags den dort wirkenden Kraftfeldern.


Auch wenn dem praktizierenden Popen Lust und Leid einer Beziehung zum Weib offiziell verboten sind, so regiert über der Kuppel seiner Kathedrale die Dame in güldenem Glanze.


Geistlicher Glanz wirkt wie weltliches Wohlbehagen gleich Wasser in kommunizierenden Röhren. Statt Wasser schwappt Geld in den Röhren der Macht.


Der Rathausplatz, das Rathaus und die Rossebändigerin



Wer wollte da nicht aufsteigen - auf Ross und Weib?


Wenn sich Augen und Gemüt wie beim Rathaus in München an das machtvoll eindrucksvolle Bauwerk gewöhnt haben, verliert es seinen Zauber. Die Reise zum Rathaus in Lyon bezaubert aufs Neue.



Die Halle mit dem Runddach ist zu kurz, um Luftschiffe darin zu bauen. Doch als Theater ist der Bau groß genug.


Wer in dem Prachtbau arbeitet, leistet sich leicht die teuren Restaurants in Lyon.


Adolf chauffiert seinen Sprinter zum dritten und letzten Mal vergeblich in die Werkstatt, um seine Seitenschiebetür reparieren zu lassen.